Prüfung auf Zahlungsunfähigkeit

Prüfung auf Zahlungsunfähigkeit – Krisenmanagement Teil 3

Jedem Insolvenzantrag geht eine Prüfung auf (drohende) Zahlungsunfähigkeit voraus, die Prüfung ist also elementarer Bestandteil des Krisenmanagements, wenn die Krise schon sehr weit fortgeschritten ist (vgl. dazu: Krisenmanagement Teil 1: Der Weg durch die Krise). Fällt das Ergebnis positiv aus, kann die Insolvenz vermieden werden. Ist dagegen die Zahlungsunfähigkeit für das Unternehmen nicht mehr abzuwenden, ist zwingend ein Insolvenzantrag zu stellen – und zwar spätestens (!) drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit1. Anderenfalls droht eine Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe. Ist das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig, aber davon bedroht, hat der Schuldner die Möglichkeit bereits einen Insolvenzantrag zu stellen; ist dazu aber nicht verpflichtet. In diesem Artikel werde ich daher kurz erläutern, wann ein Unternehmen überhaupt von einer Zahlungsunfähigkeit bedroht ist, und wie man sehr einfach selbst eine erste Prüfung auf drohende Zahlungsunfähigkeit vornehmen kann.

 

Wann ist ein Unternehmen zahlungsunfähig bzw. von Zahlungsunfähigkeit bedroht?

Zahlungsunfähig ist nach dem Gesetz (§ 17 der Insolvenzordnung), wer die aktuell fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht binnen eines Zeitraums von drei Wochen zu wenigstens 90% erfüllen kann. 3 Wochen deshalb, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass man sich innerhalb dieses Zeitraumes ggf. zusätzliche Liquidiät z.B. durch neue Kredite besorgen kann.

Dieser Zeitraum von drei Wochen ist übrigens entscheidend für den Unterschied zwischen einer Zahlungsunfähigkeit und einer Zahlungsstockung. Handelt es sich um eine kurzfristige Liquiditätsunterdeckung, die innerhalb des Zeitraumes nahezu komplett ausgeglichen werden kann, liegt eben nur eine Zahlungsstockung vor.

Die (drohende) Zahlungsunfähigkeit wird anhand des Finanzstatus eines Unternehmens mit einem darauf aufbauenden Finanzplan beurteilt. Das bedeutet, dass zunächst stichtagsbezogen der Liquiditätsstatus ermittelt wird und darauf aufbauend dann perspektivisch mit einem Finanzplan für die nächsten 3 Wochen in die Zukunft geschaut wird. Lässt sich durch den Finanzplan mit großer Wahrscheinlichkeit eine Besserung der Liquidität absehen, gilt das Unternehmen als nicht zahlungsunfähig. Auch wenn das Unternehmen bereits keine Verbindlichkeiten mehr bedienen kann, liegt keine Zahlungsunfähigkeit vor, wenn die Liquiditätslücke laut Finanzplan innerhalb der drei darauf folgenden Wochen geschlossen werden kann. Hierbei sind die fälligen Verbindlichkeiten entscheidend.

Zahlungsunfähigkeit: Nein Danke!

Zahlungsunfähigkeit: Nein Danke!; Benjamin Thorn / @pixelio.de

Wie überprüfe ich eine drohende Zahlungsunfähigkeit?

Eine erste einfache Prüfung auf Zahlungsunfähigkeit kann jeder selbst vornehmen. Sie verläuft in mehreren Schritten:

  1. Zunächst wird (zu einem Stichtag) die Höhe der fälligen Verbindlichkeiten (offene Posten) den liquiden Mitteln gegenübergestellt. Sind die Verbindlichkeiten geringer, ist das Unternehmen zahlungsfähig. Sind die Verbindlichkeiten höher als die liquiden Mittel, geht es bei Schritt 2 weiter.
  2. Nun muss ein Liquiditätsplan für die darauf folgenden drei Wochen erstellt werden. Geplante Einzahlungen werden den fälligen Verbindlichkeiten gegenübergestellt. Daraus wird dann die Liquiditätslücke ermittelt. Ist die Liquiditätslücke kleiner als 10 Prozent, wird nicht von einer Zahlungsunfähigkeit ausgegangen. Ist die Liquiditätslücke größer als 10 Prozent, muss von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ausgegangen werden.
  3. Danach erfolgt eine Finanzplanung über einen größeren Zeitraum von 3 oder unter Umständen sogar 6 Monaten. Wird die Liquiditätslücke laut Finanzplan in diesem Zeitraum nicht geschlossen, müssen Experten hinzugezogen werden. Wird die negative Prognose bestätigt, muss zwingend durch die Geschäftsführung ein Insolvenzantrag gem. § 15a InsO gestellt werden.

Den notwendigen Ablauf können Sie auch noch mal als Ablaufdiagramm der nachfolgenden Grafik entnehmen.2

An dieser Stelle sei doch auf eine kleine Excel-Vorlage verwiesen; Erweiterter Finanzplan – Vorlage. Hiermit lassen sich rasch alle relevanten Aspekte aufnehmen und zusammenfassend darstellen.

Ist die o.a. Zahlungsunfähigkeit vollends einmal eingetreten, kann, insbesondere der Geschäftsführung von Gesellschaften, ggf. auch deren Gesellschafter, nur dringend empfohlen werden, dass sie den Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht stellen. Maßnahmen wie von einigen „Experten“ empfohlen, die Zahlungsfähigkeit z.B. einfach durch Stundungsvereinbarungen mit einem Kreditinstitut wieder herzustellen, sind abzulehnen. Aufgrund der IT-gestützten Buchhaltungssysteme heutzutage, ist es sehr schnell möglich, den jeweiligen Finanzstatus rückwirkend zu überprüfen. Und Insolvenzverschleppung ist kein Kavaliersdelikt, sondern sittenwidrig! Zudem würden dann rasch weitere Straftatbestände wie Betrug, Unterschlagung, etc. geprüft. Dies sollte sich ein ehrbarer Kaufmann auf keinen Fall aussetzen.

Letztendlich kann diese eigene Überprüfung nur eine kleine Hilfestellung geben. Jeder Fall liegt anders, und es sind viele Details und einige Ausnahmen zu gewissen Gesetzlichkeiten zu beachten.

 

Wer sich genauer informieren möchte, sollte sich die IDW Prüfungsstandards zur Beurteilung eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit bei Unternehmen (IDW EPS 800 n.F.) ansehen. Eine weitere Checkliste zur Insolvenz findet sich auf der Seite der vdB Wirtschaftsberatung.

 

Quellen:

Laut IDW EPS 800 n. F. darf die Frist von drei Wochen nur ausgeschöpft werden, wenn Maßnahmen zur Besserung der Liquidität und damit zur Abwendung der Insolvenzgründe eingeleitet sind und hinreichend wahrscheinlich innerhalb der Frist zum Erfolg führen.
Vgl. hierzu A. Crone, H. Werner: Modernes Sanierungsmanagement. München3, 2012, S. 17ff.