Forced Rankings

Forced Rankings sind der Tod jeder guten Unternehmenskultur

Forced Rankings: Bei Microsoft werden sie gerade abgeschafft, Yahoo hat sie erst letztes Jahr eingeführt und bleibt weiterhin dabei – auch wenn es einige Veränderungen geben soll. Generell halte ich nicht viel von Forced Rankings. Aber warum ausgerechnet Unternehmen wie Microsoft oder Yahoo auf dieses System zurückgreifen, erschließt sich mir nur ansatzweise. Daher auf zum kurzen Exkurs: Was ist Forced Ranking, wo kommt es her und warum kennen es in Deutschland nur Wenige?

Was ist Forced Ranking?

Das Forced Ranking ist eine Methode der Mitarbeiterbeurteilung, bei der die Mitarbeiter in Leistungsgruppen eingeteilt werden. Die Größe der Gruppen ist nach Prozentzahlen festgelegt. Jack Welch, der ehemalige CEO von General Electric, führte die 20-70-10-Regel bei General Electric ein: Zwanzig Prozent der Mitarbeiter eines Unternehmens gehören demnach zu den Stars und sollten Boni erhalten, siebzig Prozent liegen im Durchschnitt und sollten gefordert und gefördert werden, und die schwächsten zehn Prozent der Mitarbeiter sollten entlassen werden. Welchs Methode hatte Erfolg: General Electric konnte während Welchs Zeit als CEO von 1981 bis 2001 die Umsätze von 27 Milliarden Dollar auf 137 Milliarden Dollar erhöhen, während die Anzahl der Mitarbeiter gleichzeitig von 400.000 auf 300.000 verringert wurde. Ein radikaler aber aus rein unternehmerischer Sicht erfolgreicher Ansatz. Hinzu kommt, dass ein globales Unternehmen, was in vielen Geschäftsfeldern den Markt- und Innovationsführer darstellt, sich auch regelmäßig „regenerieren“ sollte. Denn längerer Stillstand ist hier ausgesprochen gefährlich. Welch war seinerzeit übrigens auch einer der Väter des Shareholder-Value-Ansatzes, den er inzwischen selbst als die „blödeste Idee der Welt“ bezeichnet. Welch hat Spuren hinterlassen – Shareholder-Value dominiert die Weltwirtschaft und Forced Ranking ist zumindest in Amerika – und auch in geringem Umfang in Deutschland – weit verbreitet.

Die Grundproblematik des Forced Ranking

Das Problem des Forced Rankings leuchtet eigentlich schnell ein: Durch die feststehende Größer der Leistungsgruppen, muss es Gewinner und Verlierer geben. Die Leistung der Mitarbeiter wird nicht an der eigentlichen, absoluten Leistung gemessen, sondern nur im Vergleich mit anderen Mitarbeitern. Selbst wenn der schlechteste Mitarbeiter immer noch gute Arbeit leistet, gehört er im Forced Ranking zu den Versagern und sollte, so will es das System, rausgeschmissen werden. Bei Yahoo gibt es fünf Leistungsgruppen und angeblich seien die Mitarbeiter der beiden schlechtesten Gruppen akut „rausschmissgefährdet“, so berichtet zumindest All Things D. Yahoo-Chefin Marissa Meyer bezeichnet die vierteljährlichen Prüfungen namens „Quarterly Performance Review“ (QPR) zwar nicht als Forced Ranking, doch letztendlich sind sie eine mehr oder weniger starke Abwandlung dieses Systems. Microsoft führte das Forced Ranking 2006 ein und hat es nun ersatzlos abgeschafft. Aus welchem Grund? Weil die Mitarbeiter durch das System angefangen haben, gegeneinander zu arbeiten. Das Forced Ranking erschwert jede Teamarbeit, wenn sie sie sogar nicht zunichte macht. Wenn nicht die eigene Leistung, sondern die Leistung im Vergleich mit den anderen Mitarbeitern zählt, lohnt es sich auch, andere Mitarbeiter absichtlich dumm dastehen zu lassen. Außerdem möchte niemand mit einem Mitarbeiter zusammenarbeiten, der die eigene Leistung nach unten ziehen könnte. Demgegenüber unterliegen die Mitarbeiter, mit einer schlechten Leistungsbewertung dann auch einem enormen Druck – und das, obwohl die Gründe für die unzureichende Leistung auch oftmals außerhalb der Arbeit (Familienkonflikte, notwendige Pflege von Angehörigen, etc.) liegen.

Gerade in der Branche, in der sich Yahoo und Microsoft bewegen wundert es mich schon sehr, dass auf das Forced Ranking zurückgegriffen wird. Gerade in diesen Unternehmen ist Innovation und Entwicklung doch so wichtig. Es geht doch nicht um Fließbandarbeit, die sich einfach an der Anzahl der gepackten Pakete messen lässt. Googles Unternehmenskultur ist genau gegensätzlich und nicht umsonst handelt es sich um eines der erfolgreichsten Unternehmen der Welt – in genau jener Branche.

Forced Ranking

Jack Welch gilt als Begründer des Forced Rankings und des radikalen Shareholder-Value-Ansatzes. Er hat maßgeblich zu dem beigetragen, was Kapitalismus heute bedeutet. Inzwischen hält er den Shareholder-Value selbst für die „dümmste Idee der Welt.“ Bild: By Hamilton83 (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

Die Situation in Deutschland

Das radikale Forced Ranking, dass auch die Entlassungen aufgrund der schlechten Leistung mit einschließt, ist in Deutschland nicht so einfach möglich. Wenn ein Unternehmen einen Mitarbeiter aufgrund ungenügender Leistung entlassen möchte, hat der Vergleich mit einem anderen Mitarbeiter vor Gericht keinen Halt. Die zu erfüllende Leistung richtet sich schließlich nach dem Arbeitsvertrag und nicht danach, was andere Mitarbeiter leisten – und das sollte auch so sein.

Per sè bin ich nicht gegen jede Art von Leistungsbewertung; im Gegenteil. Aber das Forced Ranking ist sicher nicht die beste Lösung und schadet zumeist der Unternehmenskultur enorm. Gleichzeitig kommt natürlich noch hinzu, dass solche Bewertungen stets subjektiv sind (und wie schon erwähnt, lässt sich die Leistung in den meisten Unternehmen nicht einfach anhand gepackter Pakete messen). Doch dieses Problem haben Bewertungssysteme fast immer. In Deutschland muss zudem berücksichtigt werden, dass wir grundsätzlich eine andere Kultur im Umgang zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben. Der „hire & fire – Approach“ ist in den USA zwar üblich und wird von allen Beteiligten auch grundsätzlich so akzeptiert; aber eben nicht in Deutschland. Denn der Arbeitgeber steht in der Verantwortung für die Mitarbeiter.

Also sollten die Unternehmen sich sehr genau überlegen, ob sie eine Leistungsbewertung im Sinne der „forced rankings“ – wenn auch mit Abwandlungen – einführen. Alternativ könnte z.B. überlegt werden, ob die Leistungsbewertung von Einzelnen nicht einfach „top down“ sondern auch oder und durch das Team vorgenommen wird. Hierdurch würden nicht nur die Führungskräfte entlastet, sondern den Mitarbeitern deutlich mehr Verantwortung übertragen. Das gilt insbesondere wenn es um die Verteilung von Boni-Zahlungen oder möglichen Einsparungen geht.