Beschwerdemanagement

Wenn der „Shitstorm“ aufzieht – Beschwerdemanagement und PR

Was früher Reklamationsannahme hieß, nennt sich heutzutage Beschwerdemanagement. Wenn ein Kunde mit einem Produkt oder einer Leistung unzufrieden ist, geht es eben nicht mehr bloß darum, das Produkt oder die Leistung auszutauschen. Stattdessen wird versucht, das Problem des Kunden zu verstehen, denn so lassen sich Schwächen der eigenen Leistung identifizieren und ausmerzen. Ein gutes Beschwerdemanagement ist daher die Grundvoraussetzung für eine gelungene Kundenorientierung. Dadurch, dass Kunden heute über Blogs und soziale Medien die Möglichkeit zur öffentlichen und öffentlichkeitswirksamen Beschwerde haben, fällt Beschwerdemanagement zudem plötzlich in den Aufgabenbereich der Public Relations. Diese Verknüpfung hat es in diesem Ausmaß noch nie zuvor gegeben.

Aus Beschwerden Kapital schlagen

Beschwerden sind eine Schatzgrube der Kundenorientierung, denn jede angemessene Beschwerde enthält Informationen über eigene Optimierungspotenziale. Und selbst Beschwerden, die aus Sicht des Unternehmens unangemessen erscheinen sind wertvoll. Beispiel: Ein Kunde beschwert sich, weil ein Produkt defekt ist. Es wurde allerdings falsch installiert oder zweckentfremdet, folglich liegt der Fehler beim Kunden selbst. Häufen sich diese Beschwerden bedeutet dies, dass der eigentliche Zweck oder die richtige Installation scheinbar nicht deutlich genug kommuniziert wurde. Die Nutzung der via Beschwerdemanagement zugänglichen Informationen bezeichnet man auch als indirektes Beschwerdemanagement.

Darüber hinaus soll ein Beschwerdemanagement natürlich dazu dienen, die Kundenzufriedenheit wiederherzustellen, indem das Problem schnellstmöglich gelöst wird. Dieser Punkt betrifft das direkte Beschwerdemanagement.

Direktes Beschwerdemanagement richtig umsetzen

Nur weil sich niemand beschwert, bedeutet das noch lange nicht, dass alle zufrieden sind. Vielmehr bedeutet es, dass den Kunden der richtige Kanal für die Übermittlung von Beschwerden fehlt, oder dass sie diesen Kanal nicht kennen. Der erste Schritt eines angemessenen Beschwerdemanagements besteht in der Ermutigung zum Feedback (Beschwerdestimulierung) und in der Bereitstellung eines Kanals zur Beschwerdeannahme. Freundlichkeit und Fairness sind hierbei besonders wichtig. Dann wird das Problem des Kunden dokumentiert. Wenn das Problem nicht gleich gelöst werden kann, ist es unglaublich wichtig, dass die bearbeitende Person zumindest über die Verantwortlichkeiten zur Lösung dieses Problems Bescheid weiß. Nur so kann die Beschwerde direkt an die richtigen Stellen zur Beschwerdebearbeitung weitergereicht werden. Wurde eine Lösung für das Problem gefunden, findet die Rückmeldung beim Kunden statt, die Beschwerdereaktion.

Das Umdenken des Managements und andere Rahmenbedingungen

Ein gutes Beschwerdemanagement ist in der Lage, Kunden zu binden. Denn wenn der Kunde weiß, dass das Unternehmen im Fall von Problemen kompetent zur Seite steht, ist das durchaus ein Kaufargument. Damit ein Beschwerdemanagement im Sinne einer Kundenorientierung funktioniert, muss es eine strategische Basis geben. Das Management muss Kundenorientierung zum erklärten Ziel machen und Beschwerden nicht als negative Kritik, sondern als wohlwollende Verbesserungsvorschläge auffassen.

Um indirektes Beschwerdemanagement zu verwirklichen, muss zudem die Infrastruktur vorhanden sein. Das heißt es muss ein System geben, in das die Daten eingespeist werden können, und das auch die Auswertung im Sinne einer Mustererkennung ermöglicht.

Öffentliches Beschwerdemanagement: Aufgabe der Public Relations

Beschwerdemanagement

Wie bereits erwähnt hat Beschwerdemanagement mit den neuen Medien, die Privatpersonen zu breiter Öffentlichkeit verhelfen (Twitter, Facebook, Blogs, etc.) eine neue Komponente hinzugewonnen. Plötzlich müssen sich Unternehmen der Öffentlichkeit stellen, wenn eklatante Produktmängel oder Servicemängel auftreten – nicht nur bei Umweltskandalen oder einer moralisch fragwürdigen Unternehmenspolitik. Passiert im Umgang mit solchen Beschwerden und Vorwürfen ein Fehltritt, hagelt es Beleidigungen und das Unternehmen trägt einen Imageschaden davon. Man spricht im Internet von einem „Shitstorm“ bzw. einer Empörungswelle. Doch mit diesen Beschwerden umzugehen, ist Aufgabe der PR, denn es handelt sich letztendlich um Krisen-Kommunikation. An erster Stelle steht dabei ein geeignetes Monitoring. Je schneller auf Beschwerden reagiert werden kann desto besser. Wer eine generell gute Kontakt-, Kunden- und Netzwerkpflege betreibt, übersteht einen Shitstorm unbeschadeter, als andere. Im Fall der Fälle gilt es offen zu kommunizieren und die vorgebrachte Kritik ernstzunehmen. Viele haben noch nicht verstanden, dass das Eingestehen von Fehlern mit anschließender Ausmerzung der Fehler viel besser ankommt, als jegliches Abstreiten oder ein Vertuschungsversuch. Auch wer zurückschlägt, ohne darüber nachzudenken, erregt nur noch größeres negatives Aufsehen. Dazu ein Beispiel:

Angenommen ein Computerhersteller gibt zu seinen Laptops Ladegeräte aus, die aufgrund von Kabelbruch an der immer gleichen Stelle schnell defekt sind. Nachdem einem Nutzer bereits das dritte Ladegerät an der gleichen Stelle kaputt geht, verfasst er einen Blogeintrag zur Beschwerde. Zahlreiche Leser schließen sich an, die Beschwerde findet ihren Weg auf die Facebookseite des Unternehmens. Es fallen schon erste Beleidigungen.

Nun müssen sich Public Relations und Management zusammentun und nach einer Lösung für das Problem suchen. So könnte man zum Beispiel den Tipp geben, die Feder eines Kugelschreibers zu nutzen: Diese wird um das Kabel gewickelt und schützt effektiv vor Kabelbruch. So wird auch noch Geld gespart, denn es müssen viel weniger Ladegeräte auf Garantie getauscht werden. Diese Lösung wird klar kommuniziert und sollte den Shitstorm abebben lassen, sofern auch versprochen wird, dass die nächste Generation der Ladegeräte bereits einen Schutz integriert hat. Das ist die Pflicht, jetzt kommt die Kür: Die nächste Generation von Ladegeräten wird von Vornherein mit dieser Kabelbruchvorbeugung ausgeliefert. Auf dem nächsten Werbeplakat befindet sich eine Großaufnahme des Gerätes mit der Verbesserung, darüber steht: „Wir lernen aus Fehlern. Nie wieder Kabelbruch.“ So wird aus der Massenbeschwerde ein Imagegewinn.