Sanierungshindernis

Dossier Sanierungshindernisse: Geschäftsführung und Management

Da der letzte Beitrag zum Thema Sanierungshindernis bereits ein wenig zurückliegt, möchte ich das Thema noch einmal in aller Kürze aufrollen: Hindernisse sind Teil jeder Strukturierung bzw. Sanierung. Auch bei einer erfolgreichen Sanierung ist stets mit Hindernissen zu kämpfen – sagt mir zumindest die Erfahrung. Dabei sind die Probleme im Kern oftmals die gleichen. Mangelnde Transparenz gehört zu den größten Hindernissen, den Umgang damit habe ich bereits im letzten Artikel behandelt. Heute soll es um Geschäftsführung und Management als Sanierungshindernis gehen.

Die Geschäftsführung eines Unternehmens als Sanierungshindernis zu bezeichnen, erscheint zunächst widersprüchlich, schließlich sollte die Geschäftsführung den gleichen Sanierungs- bzw. Restrukturierungskurs einschlagen wie der Sanierungsmanager. Doch das ist mitnichten immer der Fall. Welche Hindernisse können also im Zusammenhang mit der Geschäftsführung auftreten? Sanierer und Geschäftsführung haben zunächst das gleiche Ziel: Die erfolgreiche Sanierung. Allerdings wählt der besonnene Sanierungsmanager in der Regel die kürzeste und schnellste Route. Die Geschäftsführung hingegen neigt dazu, altbewährte Wege einzuschlagen, obwohl es genau diese Wege sind, die letztendlich in die aktuelle Sackgasse geführt haben und die Sanierung erst nötig machen.

Sanierungshindernis: Ursache aufklären heißt über Verursacher aufklären

Wer nach den Ursachen sucht, findet früher oder später auch die Verursacher – und damit ein klassisches Sanierungshindernis. Den Sanierungsmanager stellt das vor Schwierigkeiten, denn aus sachlichen Problemen werden plötzlich personelle bzw. personale Probleme. Bei der Benennung von Fehlleistungen zeigen Management und Geschäftsführung oftmals ein eigentümliches Verhalten: Probleme hätten sich eben so entwickelt, Entscheidungen seien den Umständen entsprechend ja irgendwie schon richtig gefällt worden, man müsse das auch mal von der anderen Seite betrachten. Das mag zwar so richtig sein, insbesondere wenn Leute unter Druck gesetzt wurden, etc. Aber es ist eben nicht immer der Fall. Nicht jede Geschichte hat zwei Seiten, auch wenn der Einzelfall grundsätzlich geprüft werden muss. Wenn eine Einzelperson im Management eklatante Fehlleistungen erbracht hat, die die Krise ausgelöst oder stark verschlimmert haben, dann muss diese Person zur Verantwortung gezogen werden. Punkt. Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht mal Einsicht für die eigene Fehlleistung besteht.

In mittelständischen Unternehmen mit eingeschworenem Management und einer Geschäftsführung, die gleichzeitig auch noch Inhaber ist, muss reichlich Überzeugungsarbeit geleistet werden, um Personalwechsel in hohen Positionen durchzubringen. Unter Umständen haben sich beim wöchentlichen Golf spielen echte Freundschaften gebildet; man versucht sich bisweilen gegenseitig zu decken. Die sachliche Argumentation des Sanierungsmanagers muss so wasserdicht sein, dass sie den Emotionen standhalten. Ein Rausschmiss bringt ja auch nichts, wenn man sich damit alle zum Feind macht – ein noch größeres Sanierungshindernis.

Flickenteppich der Verschlimmbesserung

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Zur Bestandsaufnahme im Vorhinein einer Sanierung gehört auch die Sondierung der bisherigen, von Geschäftsführung und Management eingeleiteten Maßnahmen zur Abwendung der Krise. Diese Maßnahmen gleichen nicht selten einem Flickenteppich. Läuft etwas schief, wird es notdürftig geflickt. Nur eine Frage der Zeit, bis der Teppich an dieser oder anderer Stelle erneut aufreißt. Es handelt sich um eine klassische Behandlung der Symptome, nicht um eine Behandlung der Ursachen. Dazu ein einfaches Beispiel:

Ein neues, teuer entwickeltes Produkt für eine wohlhabende Zielgruppe verkauft sich nicht. Scheinbar ist der Preis zu hoch. Daraufhin versucht das Unternehmen die Produktion günstiger und effizienter zu gestalten, gibt Rabatte, senkt die Preise. Die Maßnahme führt zu einem kurzfristigen Anstieg der Verkaufszahlen. Doch nach einigen Monaten wird festgestellt: Der Verkauf des Produktes rechnet sich immer noch nicht, die Absatzzahlen steigen nach wie vor nicht wie gewünscht.

Das Problem: Das Management hat gar nicht erkannt, dass nicht der Preis das Problem des Produktes ist. Eigentlich hätte es das merken müssen, denn die im Fokus stehende Zielgruppe muss gar nicht auf jeden Cent achten – das war Teil der Strategie. Mit der Preissenkung wurde eine Maßnahme getroffen, die an der Zielgruppe vorbeigeht. Sehr wahrscheinlich leidet sogar die Qualität des Produktes unter der Maßnahme. Man hat das Symptom (mangelnder Verkauf) ungenügend begutachtet und auf eine falsche Ursache geschlossen. Für den mangelnden Absatz gibt es mehrere mögliche Ursachen. So könnte es zum Beispiel sein, dass das Produkt tatsächlich nicht (mehr) attraktiv für die Zielgruppe ist, oder dass die Ansprache des Marketings ungenügend war. Das sind zwar ebenfalls gravierende Fehler, doch sie passieren nun mal auch den Besten. Entscheidend ist aber vielmehr die richtige Reaktion. Doch eine Fehlbehandlung der Symptome ist oft der Einstieg in eine Krise, denn bei ausbleibender Verbesserung wird die nächste kurzfristige Maßnahme getroffen, dann die nächste und wieder die nächste. Irgendwann sind so viele Maßnahmen getroffen, dass das Unternehmen dann wirklich in die Krise gerät und letztendlich wird es immer schwieriger die eigentliche Ursache des Problems auszumachen.

Bei der Sanierung geht es allerdings um eine Grunderneuerung. Ansonsten könnte man ja auch von einer Renovierung sprechen. Der Sanierungsmanager muss Geschäftsführung und Management davon überzeugen, dass Probleme tiefer liegen, als von ihnen bisher angenommen. Dass sie nicht mit den bisher „bewährten“ Maßnahmen angegangen werden können. Um ein solches Sanierungshindernis zu vermeiden, benötigt der Sanierungsmanager wiederum eine quasi erdrückende, sachliche Grundlage. Man merke: Ein ausschließlich fachlich fähiger Sanierungsmanager kommt nur bis zum ersten Sanierungshindernis. Für die Überwindung eines solchen Sanierungshindernisses braucht es vor allem Kompetenzen im zwischenmenschlichen Bereich: Er muss Menschen überzeugen und Inhalte angemessen vermitteln können – nur dann wird ein effektiv Sanierungshindernis überwunden.