Der Betriebsübergang

Im letzten Beitrag ging es um Share- und Asset-Deal, dicht damit verknüpft ist der Betriebsübergang. Ein solcher liegt vor, wenn bei einem Unternehmensverkauf eine „wirtschaftliche Einheit“ den Besitzer bzw. Vertragspartner wechselt (§613a BGB) – und das ist die Regel. Doch gerade im Bezug auf das Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis, ist so ein Betriebsübergang keine einfache Angelegenheit. Wer hat welche Rechte und wo liegen die Schwierigkeiten? Ein Betrieb ist schließlich kein Ball den man sich einfach zuwerfen kann.

Was ist eine wirtschaftliche Einheit?

Wie schon erwähnt spricht man nur von einem Betriebsübergang, wenn eine wirtschaftliche Einheit übernommen wird. Zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören Personen und Sachen, die in ihrer Gesamtheit eigenständig und wesentlich an der Wertschöpfung des Betriebs beteiligt sind. Handelt es sich um einen Produktionsbetrieb, liegt der Kern der Wertschöpfung in der Regel in Sachgütern wie Maschinen und Produktionshallen. Handelt es sich aber um einen Dienstleistungsbetrieb, liegt der Kern der Wertschöpfung im Know-How der Mitarbeiter, Bürostühle und Computer spielen eine untergeordnete Rolle. Was sich hier so unkompliziert anhört, ist in der Realität oft nicht zu leicht zu klären. Die Frage nach der wirtschaftlichen Einheit wird anhand bestimmter Kriterien geprüft:

Konkret prüft das BAG:

  • die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes,
  • den etwaigen Übergang der materiellen Betriebsmittel,
  • den Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Überganges,
  • die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft,
  • den etwaigen Übergang der Kundschaft sowie
  • den Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. (Vgl. BAG Urteil vom 30.10.2008, Az. 8 AZR 855/07)

Ob es sich um einen Teilbetriebsübergang handelt, wird übrigens anhand der gleichen Kriterien untersucht.

betriebsübergang

Für 920 Millionen Euro verkauft die Axel Springer AG einen Großteil der hauseigenen Zeitschriftentitel und mehrere Zeitungen, darunter auch die Springerurgesteine Hörzu, das Hamburger Abendblatt und die Berliner Morgenpost. Viele Redakteure fühlen sich verkauft, denn der neue Inhaber, die Funke Mediengruppe (WAZ), hat in den letzten Jahren vor allem mit desaströser Sparpolitik von sich reden gemacht. Die Springer AG scheint keine Zukunft für die Printtitel zu sehen.

Welche Auswirkungen hat der Betriebsübergang für die einzelnen Mitarbeiter?

Kommen wir zum interessantesten und schwierigsten Teil eines Betriebsübergangs. Welche Auswirkungen hat der Betriebsübergang auf das Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis? Laut 613a BGB tritt der neue Betriebsinhaber in alle Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. In Absatz 4 des Paragraphen heißt es konkret:

„Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt“ (§613a Abs. 4 BGB).

Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass eine Kündigung kurz nach dem Betriebsübergang oder während des Betriebsübergangs damit unmöglich ist. Das ist mitnichten der Fall! Kündigungen dürfen auch durch den neuen Inhaber unverzüglich erfolgen. Der Betriebsübergang darf nur nicht der Grund der Kündigung sein. 

Die Krux beim Widerspruch

Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmer vor dem Betriebsübergang in entsprechender Form informieren, danach haben diese einen Monat lang Zeit Widerspruch einzulegen. Die „entsprechende Form“ ist allerdings das Problem. Der Inhalt muss folgenden Vorgaben entsprechen:

„(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über: 1. den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, 2. den Grund für den Übergang, 3. die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und 4. die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.“ (§613a Abs. 5 BGB)

Der Inhalt muss dabei für Laien verständlich, konkret und auf den Betrieb bezogen, vollständig und rechtlich wasserdicht formuliert werden. Es ist leider kaum möglich, diese Vorgaben so zu erfüllen, so dass kein findiger Anwalt mehr etwas auszusetzen hat. Ist das Schreiben nicht fehlerfrei, tritt aber die Widerspruchsfrist von einem Monat gar nicht in Kraft und den Arbeitnehmern bleibt so noch deutlich länger Zeit zum Widerspruch. Als Arbeitgeber ist man auf der sicheren Seite, wenn der neue Inhaber auch die Arbeitsverträge neu aufsetzt und gegenzeichnen lässt.

 

Wahrscheinlich werde ich das Thema in einem der kommenden Artikel noch einmal vertiefen. Es lohnt sich insbesondere die Rolle des Betriebsrates im Falle eines Betriebsübergangs noch einmal genauer zu beleuchten.