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Führung mit Köpfchen: das limbische System

Was ist die grundsätzliche Schwierigkeit bei der Motivation von Mitarbeitern? Herr Schmidt ist motiviert, wenn die neue Aufgabe herausfordernd ist und er Neues lernen muss. Frau Müller allerdings ist vor allem dann engagiert, wenn sie weiß: diese Aufgabe bringt mich auf der Karriereleiter einen Schritt weiter nach oben. Und Herr Hopper scheut das große Risiko, ist nur mit einem Gefühl von Sicherheit richtig bei der Sache. Sie merken: Jeder Mitarbeiter hat eine ganz andere Ausgangssituation und andere Gründe, für das motivierte Angehen einer Aufgabe. Und die Gründe hierfür sind nicht rational, sondern vor allem von Emotionen und Gefühlen abhängig. Und diese entstehen im limbischen System, einem bestimmten Areal im Gehirn. Um dieses limbische System und die darin enthaltenen „Emotionssysteme“ geht es in diesem Artikel.

 

In den letzten Jahren ist die Hirnforschung immer wichtiger für die Wirtschaft geworden. Zunächst machten sich Marketing und Werbung die Erkenntnisse zunutze, jetzt kommen sie unter dem Begriff NeuroLeadership in Führungskräftecoachings an, auch wenn die praktische Umsetzung hierzunoch in den Kinderschuhen steckt. Das Wissen um den Einfluss des limbischen Systems auf die Motivation, ist in jedem Fall ein guter Einstieg.

 

Im limbischen System unseres Gehirns sind drei Emotionssysteme beheimatet:

  • Stimulanz-System,
  • Dominanz-System und
  • Balance-System.

Sie sind keineswegs bei jedem Menschen gleichermaßen ausgeprägt. Stattdessen ist bei dem einem das eine, bei dem anderem das andere System jeweils ausgeprägter. Deshalb haben wir Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten und so lassen sich auch die eingangs aufgezeigten Unterschiede bezüglich der intrinsischen Motivation erklären. Eine gute Führungskraft kennt (in der Regel auch unbewusst aufgrund von Erfahrungen) das dominierende Emotionssystem seiner Mitarbeiter. Sich diese Emotionssysteme und den richtigen Umgang damit auf der theoretischen Ebene bewusst zu machen, kann die Motivation von Mitarbeitern in der Praxis dennoch vereinfachen. Im folgenden skizziere ich kurz die Eigenheiten der einzelnen Emotionssysteme.

Das Balance-System

Das Balance-System ist bei den meisten Menschen sehr stark ausgeprägt. Es strebt nach Stabilität und Sicherheit. Es bringt den Menschen dazu, Gefahren zu meiden und stattdessen Ordnung und Routine zu etablieren. Übertragen auf die Beispiele vom Anfang, wäre dieses Emotionssystem bei Herrn Hopper dominant. Er strebt nach Sicherheit und Geborgenheit. Wird im Sinne des Emotionssystems gehandelt, stellt sich bei ihm ein gutes Gefühl ein. Wird entgegen des Emotionssystems gehandelt, stellen sich Unsicherheit oder gar Angst oder Panik ein. Veränderungen werden gescheut.

Zum einen lässt sich der Mitarbeiter mit der Aussicht auf eine Aufgabe motivieren, die im Unternehmen für Stabilität sorgt und keine Überraschungen bereithält – Risiken wollen schließlich vermieden werden. Unter Umständen ist diesem Mitarbeiter auch die Beziehung zu anderen Mitarbeitern besonders wichtig. Hier wären dann auch unterstützende Aufgaben beim richtigen Adressaten. Natürlich muss auch auch der Sicherheit bewahrende Mitarbeiter mitunter verantwortungsvolle und unter Umständen risikobehaftete Aufgabe übernehmen. Der Hinweis darauf, dass der betreffende Mitarbeiter anschließend wieder zurück in sein gewohntes, sicheres Arbeitsfeld zurückkehrt, kann in diesem Fall schon Wunder wirken.

Das Stimulanz-System

Ein Mitarbeiter, bei dem das Stimulanz-System dominiert, ist neugierig, sucht das Neue und Unbekannte und will Langeweile möglichst vermeiden. Er freut sich also vor allem über neue und herausfordernde Aufgaben. Eine Aufgabe, die den Mitarbeiter dazu zwingt, tagelang Excel-Tabellen zu studieren, ist folglich hierfür weniger geeignet. Bezogen auf die Beispiele aus der Einleitung, entspricht Herr Schmidt einem Mitarbeiter, bei dem dieses Emotionssystem dominiert. Solche Mitarbeiter eignen sich gut dazu, mit neuen Personen zusammenzuarbeiten, Weiterbildungen zu abolvieren und Außenaufträge zu erledigen, wo mit unerwarteten Situationen zu rechnen ist.

Das Dominanz-System

das limbische System im Gehirn

Dominiert das Dominanz-System, strebt der Mitarbeiter typischerweise nach Macht und Status, siehe Frau Müller im Eingangsbeispiel. Ein solcher Mitarbeiter will nicht einfach Ergebnisse abliefern, er will die besten Ergebnisse abliefern und sich dadurch von anderen abheben. Damit die Motivation zur Bestleistung gegeben ist, muss einem solchen Mitarbeiter etwas in Aussicht gestellt werden, ein Schritt auf der Karriereleiter oder eine Erweiterung des Verantwortungsbereichs zum Beispiel.

Und wenn’s mal nicht passt?

Es ist sicher nicht möglich eine hunderprozentig passende Aufgabenverteilung im Sinne der Persönlichkeitsprofile aller Mitarbeiter vorzunehmen. Darum geht es aber auch gar nicht. Mit dem Wissen um die Emotionssysteme lässt sich vor allem auch die gleiche Aufgabe an unterschiedliche Mitarbeiter delegieren. Es geht dann darum, die entscheidenden Komponenten der Aufgabe im Sinne der unterschiedlichen Typen hervorzuheben.

 

Auf dem Gebiet des Neuromarketings ist Dr. Hans-Georg Häusel ein Vorreiter. Von ihm stammt Limbic®, ein Motiv- und Emotionsstruktur-Modell, das sich im Bereich Marketing und Verkauf als ziemlich erfolgreich erwiesen hat. Aus diesem Modell lassen sich durchaus auch Handlungsmöglichkeiten für Führung und Management ableiten. Eine Einführung bietet dieses Interview, die wissenschaftliche Fundierung des Modells gibt es hier.